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Notizen für Wissensarbeiter*innen

Ihr seid auf der Suche nach dem idealen Vorgehen und Tool für eure digitalen Notizen? Dann geht es euch wie mir!

Vor ziemlich genau einem Monat habe ich in einer internen Gruppe über offene Webtools ein paar Gedanken dazu geteilt, wie ich als Wissenschaftler bisher meine digitalen Notizen erstellt und verwaltet habe bzw. wie ich sie gerne organisiert haben möchte. Diese Gedanken möchte ich euch nicht vorenthalten, da sie von Reto Eugster aktiv aufgegriffen wurden und bei ihm in einem ausführlichen Blogbeitrag gemündet sind, den ich euch (nach der Lektüre meines Beitrags hier) sehr ans Herz legen möchte:

Wissensaneignung: Wege und Umwege (Reto Eugster) mit Obsidian.md Notiz

Ursprünglich ist der Text für ein autoethnographisches Forschungsprojekt entstanden, in dem ich gemeinsam mit einigen anderen Hochschullehrenden aus ganz Deutschland das vergangene „Digitalsemester” reflektiere. Mehr über dieses Projekt mit dem Namen AEDiL (AutoEthnographische Forschung zu digitaler Lehre und deren Begleitung) findet ihr entweder bei der Initiatorin, Isabel Steinhardt, oder auf ResearchGate (oder unter dem Hashtag #AEDiL auf Twitter).

Hier also meine Ausführungen dazu:


Digitale Notizen

Das wohl wichtigste Werkzeug von Wissenschaftler*innen sind ihre Notizen. Ich selbst bin schon sehr lange auf der Suche nach dem idealen Weg, der besten Methode, meine Notizen zu erfassen und so sortieren. Was ich mir aufschreibe, halte ich für wichtig, will mich daran erinnern oder es zu einem späteren Zeitpunkt aufgreifen können. Ich hätte gerne eine eigene Wissensdatenbank – meine ganz eigene Wikipedia bzw. ein externalisiertes Gedächtnis. Ich glaube, gerade in der Wissenschaft wäre eine solche Ressource von unschätzbarem Wert – der mit jedem zusätzliche Eintrag und jeder weiteren Verlinkung weiter wächst.

Auch zu diesem Apsekt möchte ich einmal meinen persönlichen Werdegang bis heute darlegen, um nachvollziehbar zu machen, was ich bisher testen konnte und zu reflektieren, warum die eine oder andere Lösung bis jetzt noch nicht funktioniert hat bzw. Überlegungen anzustellen, wohin die Reise vielleicht noch gehen könnte:

Wie ich bisher Notizen verfasst habe

Wenn ich mir meine Mitschriften und Notizen aus dem Studium ansehe, so finde ich große, dicke Leitz-Ordner vor. Für die ersten beiden Semester. Danach werden die Ordner immer dünner. Das hängt sicherlich damit zusammen, dass ich gegen Ende des Studiums immer weniger Veranstaltungen besucht habe und vermutlich auch weniger mitgeschrieben habe, zu einem großen Teil aber auch, dass ich zusehends digitaler wurde. Während meines Studiums habe ich mir mein erstes iPad kaufen können, das ich bereits damals mit einem der kapazitiven Stifte (Adonit Jot) für digitale Notizen verwendet habe. Damals habe ich in einer App einfach digitale Notizbücher (für jedes Seminar und jede Vorlesung eines) geführt (Mit der App „Noteshelf“). Der ganz klare Vorteil: Ich konnte die jeweiligen Vortragsfolien importieren und direkt darauf Notizen schreiben, ohne die Folien ausdrucken zu müssen. 

Etwas später bin ich zu Evernote gewechselt, da ich mehr und verschiedene Medien sichern wollte. Mit Evernote konnte ich ganze Webseiten abspeichern; PDFs, die ich in meiner Datenbank abgelegt habe wurden volltext-indiziert und durchsuchbar gemacht – auch handschriftliche. Leider hatte Evernote irgendwann ein ziemlich fieses Datenleck, bei dem wohl vielen Usern zahlreiche Notizen gelöscht wurden. Ich war davon nicht betroffen, aber mein Vertrauen in den Dienst war dahin. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich auch überlegt, dass ich meine Notizen gerne mit Tags versehen würde; ähnlich wie Hashtags auf Twitter – aber das nicht nur in einem dafür vorgesehenen Metadaten-Feld machen, sondern im Fließtext. Evernote bot diese Möglichkeit nicht. Bear Writer schon.

Also wechselte ich zu Bear. Diese App war die erste, in der ich mit der MarkDown-Syntax konfrontiert sah. Wer das nicht kennt: Daten werden in reinem Text geschrieben und durch einige wenige Symbole (Syntax) beim Export in HTML-Daten zu Überschriften oder fett/kursiv gedruckt. Das meiner Meinung nach attraktive an Markdown ist der Umstand, dass sich daraus sehr einfach verschiedene Dateiformate erstellen lassen, obwohl die Quelldaten jeweils reiner Text sind: und damit sind die Dateien erstens unheimlich kein und zweitens quasi auf jedem System/Endgerät ohne probleme lesbar und editierbar. Es ist ja nur reiner Text (.txt)!

Parallel zu Bear Writer nutzte ich auf dem iPad inzwischen GoodNotes 4 (später Version 5) für handschriftliche Notizen. Warum? Von Hand hat man eben doch schneller die Seite umorganisiert, eine Skizze oder Tabelle gezeichnet oder kann mit Pfeilen unterschiedliche Verknüpfungen zwischen verschiedenen Aufschrieben herstellen. Gerade die Möglichkeit, handschriftliche Notizen umzuorganisieren fand ich sehr attraktiv (um z.B. nochmal Platz für weitere Zeilen zu machen). Aber: trotz einer Handschrifterkennung sind diese digitalen Notizen nicht wirklich gut durchsuchbar. Außerdem funktioniert GoodNotes auch nach dem Prinzip: Notizbücher mit Seiten. Keine Verknüpfungen untereinander, keine Verlinkungen auf andere Seiten.

MarkDown

Seit Beginn der Corona-Krise habe ich meine Notizen aus Bear, die ich ja als MarkDown exportieren konnte in verschiedenen Apps weitergeführt: HackMD, einem Online-Dienst, der es möglich macht, aus den Notizen sehr schöne Webansichten zu generieren. Nachteil: Funktioniert nur online, Organisation von Notizen ist eher mangelhaft (oder ich habe die entsprechenden Optionen noch nicht gefunden); und: Die Notizen sind nicht bei mir, sondern auf irgendwelchen Servern gespeichert.

Dann stieß ich auf FSNotes (FileSystemNotes). Die App funktioniert so ähnlich wie Bear, ist optisch nicht ganz so schön aber hat den entscheidenden Vorteil, dass ich jeden beliebigen Ordner in meinem File System für die Notizen auswählen kann. Auch Cloud-Speicher, die ich z.B. für Kolleg*innen freigegeben habe. Wirklich glücklich war ich mit der Synchronisierung auf meine mobilen Endgeräte aber nicht, weil dort ausschließlich mein iCloud-Speicher verwendet werden kann – den ich eben nicht für andere teilen kann.

Meine Recherchen führten mich zu zwei weiteren Applikationen, die zumindest unter macOS sehr vielversprechend sind; insbesondere im Hinblick auf den eingangs genannten Aspekt der internen Vernetzung aller Notizen: Obsidian und Zettlr.

Hier werden ebenfalls in einem Ordner meiner Wahl Notizen als .md (Markdown, bzw. PlainText) Dateien angelegt. Ein großer Vorteil: Beide Apps erkennen Tags mit #Hashtag und ich kann Notizen untereinander verlinken, indem ich den Namen einer Datei in doppelte eckige Klammern schreibe. Obsidian bietet zudem eine ziemlich coole „Graph-View“ an, in der ich jede einzelne Notiz als Punkt sehe, der über Linien mit darin verlinkten Notizen verbunden ist. Eine Visuelle Repräsentation meiner Notizen – das finde ich sehr cool!

Zettlr fährt primär den Ansatz eines digitalen Zettelkastens – Obsidian bietet diese Möglichkeit auch. 

Zwischenfazit

Insgesamt ist mir – auch im Zuge des Verfassens dieses Beitrags – über die Zeit klar geworden, dass die zwei wichtigsten Aspekte oder Anforderungen an mein eigenes System sind:

1.) Es muss transportabel sein – in zweierlei Hinsicht: Die Dateiformate müssen offen sein, sodass ein Transfer in ein anderes System einfach gewährleistet sein kann und die Daten müssen zwischen all meinen unterschiedlichen Endgeräten synchron gehalten sein.

2.) Ich will alle Notizen im Blick behalten können, nichts soll verloren gehen. Daher sollen die Einträge untereinander verlinkbar sein und mit Tags in übergeordnete Kategorien einteilbar sein. 

Für Punkt 1 glaube ich, mit MarkDown-Files die ideale Lösung gefunden zu haben, mit welcher App ich diese Daten dann anzeige und editiere hängt maßgeblich von Punkt 2 ab. Aber gerade da habe ich in den letzten Monaten viel mehr experimentiert und herumgespielt als zuvor. Jede Applikation hatte Vor- und Nachteile. Auch Obsidian, das ich seit wenigen Wochen verwende ist sicher nicht perfekt – aber die App ist ja nur ein Teil der Geschichte. Die andere Seite ist mein Prozess, Notizen zu verfassen.

Methoden und Prinzipien fürs Notizenschreiben

Daran bin ich als nächstes und suche nach einem geeigneten Workflow, wie ich meine Aufschriebe – egal ob Notizen von Besprechungen, relevante Sachverhalte aus Blogs und wissenschaftlichen Papern oder einfach nur Tipps für die Handhabung von Geräten und Software sind.

Eine Idee, die ich als nächstes Verfolgen werde ähnelt dem Getting-Things-Done Prinzip für To-Do-Listen: Ich will täglich alles, was ich mir notiere in eine Sammel-Notiz/Datei schreiben. Und dann einmal die Woche diese Notizen durchgehen und die wichtigen Punkte in andere Notizen/Dateien übertragen und in mein System einordnen, d.h. mit Tags versehen und mit weiteren Notizen verlinken.

Das Prinzip eines Zettelkastens (wohl am ehesten bekannt durch Niklas Luhmann) werde ich mir ebenfalls in der kommenden Zeit näher ansehen. Es scheint mir ein für mich sehr passender Ansatz zu sein, mein Wissen bzw. meine Notizen zu organisieren und kommt einer Art Wiki sehr nahe.

Mal sehen, was daraus wird.


Titelbild:
  1. Jan Jan

    Hallo David,

    spannende Punkte und ich sah und sehe mich mit vielen von dir angesprochenen Punkten auch konfrontiert. Beim Thema Markdown bin ich absolut bei dir, ich glaube, dass das das perfekte Format ist, um am besten auch noch in Jahrzehnten damit arbeiten zu können. Ich will auf meine Texte und Notizen direkt zugreifen können und sie nicht erst exportieren müssen oder nur online nutzen können. Neben dem Preis auch ein Grund für mich, Roam Research nur mal kurz auszuprobieren. Obsidian finde ich großartig und nutze ich gern, aber die fehlende iPad App macht mir schon zu schaffen. Aber auch hier – dank MD kann ich zumindest auf die Inhalt zugreifen.

    Jetzt aber noch kurz was zum Prozess, da ich dort auch immer wieder Bauchschmerzen habe. . Ich verfolge aktuell auch noch den Ansatz, in der Woche zu sammeln und dann zB am Wochenende alles zu bearbeiten und in dauerhafte Notizen zu überführen bzw. auch auszusortieren. Allerdings hatte ich jetzt schon so manches Mal das Problem, dass es in der Woche einfach zu viel geworden ist. Gerade wenn ich viel lese und es dann um Literaturnotizen geht, ist das manchmal ein Problem und dann stapeln sich die Texte wieder, ohne dass ich sie sinnvoll bearbeite. Deshalb suche ich noch ein bisschen nach dem idealen Takt, um diese Nachbereitungen zu machen. Wie sieht das bei dir aus? Klappt das gut mit nur einem wöchentlichen Termin?

    Viele Grüße
    Jan

  2. Hallo Jan,

    sorry für die späte Antwort. Zum Zeitpunkt, als ich diesen Beitrag geschrieben habe, war Obsidian für mich komplett neu und die Idee mit den Daily Notes erstmal nur das: eine Idee.

    Inzwischen fahre ich diese Praxis aber eine Zeit lang und muss sagen, dass mir das System sehr gut gefällt. Durch die Verlinkungen in Obsidian kann ich meine Notizen untereinander vernetzen und nachvollziehen, wann ich womit zu tun hatte. Das hat mir in meinen bisherigen Systemen gefehlt.

    Der nächste Schritt ist es, mein Vorgehen zu optimieren, Notizen in sich gut strukturiert zu verfassen, sowohl in Besprechungen, bei Literatursichtungen oder beim Hören von Podcasts.

  3. […] das mich seit Ende des letzten Jahres intensiv beschäftigt: Digitale Notizen. Darüber habe ich hier bereits im letzten Jahr ausführlich geschrieben und im Februar meine weiterführenden Gedanken auch in einer Coffee Lecture geteilt. Einen […]

  4. […] Im Grunde hat diese „Selbst-Optimierungsphase“ angefangen, als ich meine Gedanken über „Notizen für Wissensarbeiter:innen“ geschrieben habe (und dieses Video aufgenommen habe). Damals lag der Fokus auf dem Schreiben und […]

  5. […] dann durfte ich noch – sozusagen als Fortsetzung zu meinem Beitrag über Notizen für Wissensarbeiter*innen aus dem letzten Jahr – eine MultimediaWerkstatt bei studiumdigitale an der Goethe-Universität in Frankfurt […]

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