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Warum die Hochschulen jetzt ins Fediverse müssen.

Mit diesem Beitrag schließe ich mich Leonhard „Leonido“ Dobuschs Forderung „Hochschulen aller Länder ins Fediverse“ auf netzpolitik.org an.

Was bisher geschah

Seit Twitter von Elon Musk übernommen wurde, beobachte ich eine auf dem TwitterCampus einkehrende Stille. Die Community, in der ich mich bewege, ist seit einiger Zeit auf Twitter deutlich leiser geworden. Einige Personen, mich inbegriffen, teilen weniger Inhalte, andere gar nicht mehr. Damit bricht ein wichtiger Diskussionsraum der Hochschullehre und Hochschuldidaktik weg, aus dem in der Vergangenheit zahlreiche Projekte hervorgegangen sind (siehe z. B. L2D2 oder AEDiL, die es ohne Twitter nie gegeben hätte).

Business as usual

Hin und wieder werden (mit Drittmitteln) Projekte gefördert, die den Austausch der Scientific oder Lehr-Community fördern sollen. Dann werden mal Mattermost-Server aufgesetzt, mal Blogs ins Leben gerufen oder gar ganze OER-Plattformen mit Social-Media-Anwendungen gekreuzt (meist – dank Bildungsföderalismus – auf Landesebene)
Ich möchte mit diesem Beitrag anregen, dass Hochschulen, hochschulnahe Projekte oder Initiativen in Zukunft nicht noch mehr solcher Silos im Sinne einer geschlossenen Plattform ins Leben zu rufen, sondern sich bereits bestehenden Infrastrukturen anschließen. Schlüsselwort ist das „Fediverse“, das mit Diensten wie Mastodon gerade sehr im Fokus der (medialen) Aufmerksamkeit steht.

Fediverse Ahoi

In den Niederlanden hat gerade die SURF einen Pilotbetrieb einer Mastodon-Instanz für alle Bildungseinrichtungen gestartet. Die SURF ist eine Organisation, die sich auf die Unterstützung von Hochschulen und Forschungseinrichtungen bei der digitalen Transformation spezialisiert hat. Sie bietet Dienstleistungen und Infrastruktur für Forschung und Lehre an, darunter Netzwerk- und Cloud-Lösungen, digitale Identitätsmanagement-Tools und Unterstützung für offene Wissenschaft. Ende 2023 soll der Pilot evaluiert werden. Jetzt ist der ideale Zeitpunkt, auf nationaler Ebene, oder sogar EU-weit, mit ähnlichem Engagement ins Fediverse aufzubrechen.

Ich möchte insbesondere hervorheben, dass sowohl Bund und Länder bereits in Mastodon eine datenschutzfreundliche Alternative zu den großen kommerziellen Anbietern sehen, u. a. gibt es die Instanzen bund.social und bawü.social (auf der sich schon viele Hochschulen versammeln). Auch die Helmholtz-Gemeinschaft und die GWDG mit der Academic Cloud betreiben mittlerweile eigene Mastodon-Instanzen.

Das BMBF hat bereits im letzten Jahr signalisiert, die Idee einer Mastodon-Instanz zu prüfen (leider finde ich die Quelle für diese Information nicht mehr, irgendwer auf Mastodon oder Twitter hatte mich auf einen entsprechenden Tweet des BMBF gestoßen … sachdienliche Hinweise gerne an mich!)

Wer machts?

Meiner Meinung nach sollten alle Player, denen Open Science, offene Bildung und Open Source für ein unabhängiges und datenschutzfreundliches Bildungssystem wichtig sind, jetzt gemeinsam darauf hinwirken, eine solche Instanz — oder besser: mehrere Dienste (sind ja dezentral und föderiert) für Bildung und Wissenschaft aufzusetzen. Nicht nur Mastodon, auch PeerTube Server oder Friendica-Server. Ich möchte hierbei neben dem BMBF auch das DFN adressieren, Projekte wie das Hochschulforum Digitalisierung, Fach- und Wissenschaftsgesellschaften aller Disziplinen oder die Stiftung Innovation Hochschullehre und natürlich, wie Leonido im eingangs erwähnten Beitrag, auch jede einzelne Hochschule:

Die Signalwirkung, die von einem breiten Engagement im Fediverse für einen hochschulübergreifenden Austausch zwischen Lehrenden und Forschenden (und Studierenden!) ausginge, wäre sicher im Sinne der Open Science-Bewegung. Der Kollege Lambert Heller vom TIB Hannover beleuchtet die Entwicklungen des Fediverse und dessen Bedeutung für die Wissenschaftswelt aktuell in seinem Themencast.

Ich hoffe sehr, dass wir in naher Zukunft mehr Wissenschaftseinrichtungen sehen werden, die sich im Fediverse tummeln, ihren Angehörigen Zugang verschaffen und sich im besten Fall auch an der technischen Entwicklung beteiligen. Ein Schritt könnte sein, bestehende Repositorien mit dem Activity Pub Protokoll zu verbinden, um Inhalte im Fediverse teilbar zu machen. Ich sehe hierin eine enorme Chance, die Vorteile sozialer Netzwerke mit denen einer datenschutzfreundlichen und unabhängigen, nicht-kommerziellen Infrastruktur zu verbinden.

In einigen weiteren Beiträgen auf meinem Blog habe ich eine Vision gezeichnet, wie ein digitaler Campus im Fediverse in der Zukunft aussehen kann: Neben einem intensiven Zusammenwachsen der akademischen Community (Teil 1 der Vision) könnten auch neue Metriken das Publikationswesen transparenter machen oder die Öffnung der Hochschulen durch Open Education von einer tiefen Integration des ActivityPub Protokolls profitieren (Teil 2 der Vision).
(Die Vision ist auch in englischer Sprache verfügbar: „A fedi-Vision“)

  1. […] habe mich kürzlich dafür ausgesprochen, dass Hochschulen und Universitäten eigene Mastodon-Instanzen betreiben sollte…. Hier folgen nun einige Überlegungen zum Nutzen für die Hochschulwelt, den ich mir – und […]

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