Strandfeeling, Eiskaffee und Flipflops als Dankeschön für die Gastreferent:innen – das Junge Forum für Medien und Hochschulentwicklung (JFMH) war planerisch perfekt als Konferenz im Sommer konzipiert. Leider machte das Wetter am 27. und 28. Juli 2023 über dem Learning Lab der Universität Duisburg-Essen (UDE) dieser Planung einen Strich durch die Rechnung: Es regnete in einer Tour. Trotzdem war die Stimmung auf der Nachwuchskonferenz der Fachgesellschaften dghd, GMW, der Fachgruppe Bildungstechnologien der GI und der Sektion Medienpädagogik der DGfE ausgesprochen sonnig.
Als erstes JFMH in Präsenz nach der Corona-Pandemie hatte es das Team rund um Miriam Mulders (UDE) nicht leicht: Ähnlich wie an den Hochschulen lange darüber diskutiert wurde, wie sich die Lehre nach der Volldigitalisierung in Präsenz neu definiert, musste sich das Team am Learning Lab die gleichen Fragen für die Durchführung einer Konferenz stellen. Und ich muss gestehen: Das Konzept hat mir ausgesprochen gut gefallen.
Format
Auf vielen Konferenzen reihen sich Vorträge an Vorträge und die Poster-Session wird mehr oder weniger parallel zur Pause dazwischen gequetscht und alle hetzen zwischen den Zeitslots von einem Seminarraum quer über den Campus der ausrichtenden Hochschule zum nächsten. Das JFMH in Essen hat – möglicherweise dank einer geringen Teilnehmerzahl – ausreichend Zeit für Gespräche und Austausch geboten. Im Creative Spot standen eine Dart-Scheibe, Klemmbausteine und eine Ecke für die Aktivpause zur Verfügung und es gab nur zwei parallele Slots: Einer, in dem der wissenschaftliche Nachwuchs (Promotions-) Projekte vorstellen konnte und einen zweiten, in dem in workshopartiger Manier Themen wie wissenschaftliches Schreiben, Forschungsdatenmanagement oder Methodendiskussionen stattfanden. So konnten die Teilnehmenden wählen, auf welche Weise sie sich von anderen (erfahreneren) Wissenschaftler:innen inspirieren lassen wollten. Ein meinem Erachten nach sinnvolles Format für eine Nachwuchstagung wie das JFMH war die „Storytime“, bei der mehr oder weniger frisch promovierte Wissenschaftler:innen online zugeschaltet wurden und über ihre Erfahrungen berichtet haben und den Teilnehmenden Rede und Antwort standen. Gerade solche eher informellen Erfahrungsberichte zeigen eine menschliche und alltägliche Seite, die auf Fachkonferenzen sonst häufig vernachlässigt wird.
Hier zeigt sich der besondere Charakter des JFMH, das mittlerweile seit 11 Jahren eine feste Institution der deutschsprachigen Konferenzlandschaft im Bereich der Hochschulbildung darstellt: Es geht primär um den Austausch über die eigene Arbeit und den Netzwerkgedanken, junge Wissenschaftler:innen mit- und untereinander zu vernetzen – und eben nicht nur um die Präsentation und Selbstdarstellung eigener wissenschaftlicher Ergebnisse.
Thema der Konferenz
Inhaltlich drehte sich das JFMH 2023 um das Thema Spannungsfelder der digitalen Kompetenzen. Es ging also darum, den Begriff oder das Konzept „digitaler Kompetenz“ greifbar zu machen. In beinahe allen Beiträgen wurde diskutiert, wo digitalisierungsbezogenene Kompetenzen anfangen und was sie beinhalten. In welchem Verhältnis stehen sie zur Medienkompetenz? Lassen sich solche spezifisch das Digitale betreffenden Kompetenzen überhaupt als eigenständige Kompetenzen oder Kompetenzdimensionen scharf umreißen oder sind sie Teilbereiche anderer Kompetenzen? Wo passen die aktuell häufig diskutierten „KI-Kompetenzen“ in diesen Diskurs und wie gehen wir zukünftig mit neuen (digital-technologischen) Entwicklungen im wissenschaftlichen Diskurs um?
Die Gesprächsrunden und Reflexionen auf dem JFMH unterstreichen, dass diese Diskussionen wichtig und relevant bleiben, selbst, wenn es kein eindeutiges Ergebnis zu geben scheint. Bei diesen Fragen liegt das womöglich in der Natur der Sache. Denn klar ist, dass einerseits differenziert werden muss – was in zahlreichen Modellen für derartige Kompetenzen geschieht – andererseits sind gerade für die Nachwuchscommunity solche (scheinbar einfache oder überschaubare) Konzepte, die Orientierung und Überblick verschaffen, besonders hilfreich, um am Diskurs teilhaben zu können.
Genau eine solche Einordnung in Form einer Keynote ließ das JFMH 2023 leider vermissen, war es doch in früheren Jahren schon fast Tradition, einen rahmenden Vortrag erfahrener Wissenschaftler:innen und eine „Nachwuchs-Keynote“ aus der jüngeren Generation ins Programm aufzunehmen. An dieser Stelle muss ich allerdings anerkennen, dass ich über die Gründe für das Ausbleiben nur spekulieren kann: Als Vorstandsmitglied der dghd war ich bisweilen in die Organisation eingebunden und kann mich erinnern, dass bereits in einer frühen Phase der Planung über potenzielle Redner:innen für solche Beiträge gesprochen wurde.
Dennoch glänzte das JFMH am Learning Lab mit einem frischen Konzept, das für Post-Corona eine mehr als würdige Wiederaufnahme der Tagung in Präsenz darstellt und hoffentlich Inspiration für die ausrichtende Einrichtung ein in den kommenden Jahren bietet. Die Abschlussdiskussion als Podium mit „Hot Seat“ (der leider viel zu wenig genutzt wurde) hat bereits Impulse für die thematische Ausrichtung kommender Konferenzen gegeben.
Eine Runde Sache
Insgesamt war das Junge Forum für Medien und Hochschulentwicklung 2023 eine Veranstaltung, an die ich mich immer gerne und mit einem Lächeln erinnern werde. Die Gespräche mit Kolleg:innen, die mir schon länger bekannt sind, waren ebenso interessant wie diejenigen mit bis dato unbekannten Kolleg:innen. Und der Austausch mit studentischen Teilnehmenden, der meist zwischen den Programmpunkten stattfand, hat mir besondere Freunde bereitet. Da wir in der Hochschuldidaktik unsere (praktische) Tätigkeit auf das Lernen der Studierenden ausrichten, sollte deren Perspektive auf Konferenzen eine exponiertere Rolle spielen.
Schade, dass das JFMH so schnell vorbei war, ich hätte über viele Themen gerne länger gemeinsam mit den Teilnehmenden nachgedacht – aber dafür wird es sicher bald wieder neue Gelegenheiten geben.