Digitale Souveränität
In diesem Beitrag blicke ich auf die Erfahrungen zurück, die ich gemacht habe, seit ich meinen eigenen Server betreibe.

Im Sommer 2023 habe ich einen Beitrag verfasst, in dem ich beschrieben habe, wie und warum ich einen eigenen Server betreibe. Dieser Server läuft nach wie vor und ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass es Tools wie das von mir eingesetzte Cloudron (oder Ähnliche wie CasaOS oder – etwas technischer – yunohost) es wirklich leicht machen, sich das Internet teilweise zurückzuholen.
Durch die jüngsten Entwicklungen im Bereich der (vornehmlich) amerikanischen BigTech Unternehmen sind Initiativen wie UnplugTrump rund um digitale Souveränität vielerorts im Gespräch.
Aktuell laufende Apps
Seit meinem letzten Beitrag zu dieser Angelegenheit experimentiere ich derzeit mit einer eigenen Lösung für Videokonferenzen (MiroTalk SFU), die auf dem WebRTC-Standard aufbaut. Das Tool ist nicht so bequem wie BigBlueButton oder Jitsi, ist aber für kleine Meetings ausreichend. Die Benutzeroberfläche ist nicht so ausgereift wie die kommerzieller Anbieter, aber das ist bei zahlreichen OpenSource Tools so. Ansonsten laufen nach wie vor verschiedene WordPress-Instanzen, statische Fileserverdienste und meine Nextcloud auf meinem Server.
Die größte Veränderung ist, dass mein persönlicher Blog nicht mehr auf WordPress läuft, sondern mit Ghost betrieben wird. Ghost fokussiert auf Beiträge, potenziell mit (bezahl-)Mitgliedschaften. Der Hintergrund ist zum einen, dass ich zeitweilig überlegt hatte, mir so ein zweites Standbein aufzubauen und möglicherweise eine Selbstständigkeit im Digitalen aufbauen wollte. Zum Anderen ist die visuelle Seitengestaltung in Ghost mit den standardmäßig enthaltenen Funktionen sehr rudimentär. Auf diese Weise halte ich mich selbst davon ab, das Layout meiner Webseite regelmäßig neu gestalten zu wollen, was ich in den vergangenen Jahren viel zu oft gemacht habe. Und letztlich fokussiert Ghost darauf, Blogbeiträge zu verfassen und diese bequeme als Newsletter zu versenden.
Soweit so gut – ich bin also nach wie vor flexibel und habe unterschiedliche Dienste in meiner Eigenen Hand.
Das große „Aber...“
Leider kommt so ein eigener Server – insbesondere mit dem Newsletterversand – mit einigen Hürden, die man nehmen muss. Cloudron beinhaltet einen Mailserver, sodass ich für meine eigenen E-Mails nicht auf Dienstleister wie Google, Outlook oder GMX & Co angewiesen bin. Leider musste ich bereits Kontakt mit einem großen Netzbetreiber aufnehmen, da mein Server – genauer: Die IP-Adresse meines Servers – auf einer Liste von "nicht-vertrauenswürdigen Sendern“ stand. Weil zu klein, zu unbedeutend, zu unbekannt. Hier zeigt sich die Macht, die von BigTech oder anderen Großanbietern ausgeht: Wer einen Großteil des E-Mailmarkts beherrscht, kann definieren, wer mitspielen darf, und wer nicht.
In meinem Fall war es so, dass E-Mails von einem Anbieter nicht an mich zugestellt wurden. Immerhin konnte ich das ausräumen, indem ich meinen Server bei jenem Anbieter über ein Kontaktformular registriert habe.
Ein verwandtes Problem gab es mit dem Newsletter-Versand. Einige von euch, die diesen Beitrag als E-Mail erhalten, haben meine Beiträge möglicherweise nur wegen meines LinkedIn-Posts abonniert. Dort habe ich geschildert, dass der Dienstleister für den Massenmailversand, den ich nutze (das geht leider nicht über meinen eigenen Mailserver) ebenfalls meinte, meine Webseite sei „zu klein“ und „zu wenig bekannt“ für die Inanspruchnahme seiner Dienste. Dank eurer Abos und einigem Hin und Her mit dem Support des Dienstleisters funktioniert nun alles, wie es soll.
Digitale Souveränität kostet
Aus dieser kleinen Episode „David hostet seinen Kram selbst“ nehme ich mit, dass digitale Souveränität auch in kleiner Ausgestaltung wie bei mir mit erheblichen Kosten verbunden ist: Nicht nur kostet der Server Geld (Miete für den Server, den Storage für das Backup und all die registrierten Domains), sondern vor allem kostet der Betrieb Zeit und Nerven. Ich muss mich technisch in einige Tools einarbeiten und mich über Tage (Wochen?) hinweg mit E-Mail-Support auseinandersetzen und argumentieren, warum ein kleiner, privater Blog doch bitte einen Newsletter versenden darf.
Ich bin bereit, diese Kosten für mich in Kauf zu nehmen, auch wenn ich nicht vollständig unabhängig bin. Außerdem denke ich, dass jede:r nach eigenen Möglichkeiten tun sollte, was eben möglich ist, um sich (und seine Umfeld) digital möglichst souverän aufzustellen.