Unis im Fediverse
Ein Jahr lang habe ich mich für das Aktionsbündnis neue Soziale Medien engagiert – inzwischen sind einige Hochschulen mehr im Fediverse. Hier meine Sicht auf die Dinge.
Über 60 Hochschulen haben sich in der vergangenen Woche vom Social Media Service X verabschiedet. In meinen Augen ist das eine – zwar späte, aber – höchst willkommene Entscheidung. Insbesondere diese Plattform hat in der jüngeren Vergangenheit keine gute Figur gemacht und fällt zunehmend durch negative Schlagzeilen auf, sei es wegen Hass und Hetze oder demokratiegefährdenden Beiträgen, teilweise durch den Besitzer selbst. X ist kein Ort mehr, an dem die Wissenschaft ihre Fahnen hochhalten sollte. Zahlreiche Hochschulen haben das nun begriffen und lassen endlich Taten folgen. Leider konnten sich die Hochschulen nicht im gleichen Zug darauf einigen, auf föderierte Dienste wie Mastodon zu setzen.
Eine Liste an Hochschul- und Uni-Accounts auf Mastodon gibt es hier:
Ein Aktionsbündnis für das Fediverse
Mit meinen Beiträgen für mehr Engagement der Hochschulen im Fediverse einher ging ein starkes Engagement für das Aktionsbündnis Neue Soziale Medien, das unterschiedliche Schritte unternommen hat, Unis ins Fediverse zu bringen. Dieses Aktionsbündnis Neue Soziale Medien hat im Verlauf des vergangenen Jahres:
- mit Petition über 2000 Unterschriften gesammelt um die Hochschulrektorenkonferenz davon zu überzeugen, dass Hochschulen X verlassen;
- zwei Broschüren herausgebracht, von denen eine die Vorteile des Fediverse bzw. Mastodon gegenüber Twitter erläutert und eine die ersten Schritte auf Mastodon kommuniziert
- sich mehrfach mit der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) ausgetauscht
- zahlreiche Mitstreiter-Organisationen gewinnen können.
Die konzertierte Aktion der zahlreichen Hochschulen im Januar 2025 hat neben einem generellen Medienecho (siehe tagesschau.de oder Riffreporter) auch dazu geführt, dass verschiedene Akteure des Aktionsbündnisses in den Medien zu Wort kamen:
Björn Brembs, ebenfalls Initiator des Aktionsbündnisses, bringt im Deutschlandfunk im Gespräch auf den Punkt, dass Plattformen, die nicht in öffentlicher Hand sind, keinen dauerhaften Diskursraum darstellen:
Leonhard Dobusch, ebenfalls Teil des Aktionsbündnisses spricht sich auf netzpolitik.org dafür aus, dass die Hochschulen nach dem Verlassen von X auf das Fediverse setzen sollten:
Ich durfte im November des vergangenen Jahres und im Zusammenhang mit dem eXit der Hochschulen im Jahrar jeweils kurz im Deutschlandfunk darüber sprechen, welche Mechanismen bei kommerziellen Social-Media-Diensten greifen und wieso diese Plattformen deshalb nicht für staatliche Bildungseinrichtungen geeignet sind:
Ich will an dieser Stelle gar nicht aufführen, warum X demokratiezersetzend ist und BlueSky keine erstnzunehmende Alternative darstellt oder ich darin eine Gefahr für die Öffentlichkeit sehe und gerade öffentliche Bildungseinrichtungen dort keine Beiträge mehr verfassen sollten. Das haben andere an verschiedenen Stellen ausführlicher und kompetenter getan.
Weitere Player auf Mastodon
Ich freue mich nach wie vor sehr darüber, dass es nicht nur Hochschulen sind, die den Schritt ins Fediverse wagen, sondern auch wissenschaftsnahe Organisation, die ihre Communities „mitbringen“. Die Deutsche Gesellschaft für Hochschuldidaktik (dghd), deren Vorstand ich angehöre, betreibt seit Sommer 2024 gemeinsam mit der Gesellschaft für Medien in der Wissenschaft (GMW) eine eigene Mastodon-Instanz, auf die ich mit meinem Account umgezogen bin:
Gerade im meinem Fachbereich ist es besonders erfreulich, dass es weitere Instanzen gibt, die explizit eine Community im Bildungswesen ansprechen, beispielsweise edureseach.social und bildung.social.
Es bleibt abzuwarten, welche die erste Deutsche Uni oder Hochschule wird, die nach dem Vorbild der Uni Innsbruck eine eigene Mastodon-Instanz bereitstellt um ihren Einrichtungen, Mitarbeitenden und Studierenden einen institutionellen Zugang zum Fediverse ermöglicht. Stay tuned...
Meine Perspektive
Es ist mittlerweile etwa eineinhalb Jahre her, dass ich mich von den kommerziellen sozialen Medien verabschiedet habe. Mein Twitter-Konto ist mittlerweile gelöscht, die (öffentlichen) Beiträge archiviert. Auf LinkedIn schaue ich noch hin und wieder rein, alle anderen Dienste besuche ich bestenfalls einmal alle paar Monate aus Langeweile; und auch das ist zu viel. Jedes Mal merke ich, wie anstrengend es ist, zwischen all dem Clickbaiting der offensichtlichen Werbung und den Contentmarketing-Beiträgen diejenigen Posts herauszufiltern, die entweder wirklich interessant sind oder zumindest von Personen stammen, die ich wirklich kenne und mit denen ich eigentlich über diese Dienste verbunden sein möchte.
Ich bleibe weiter auf Mastodon aktiv, als einziges digitales soziales Netzwerk, das ich wirklich nutze. Für längere Beiträge habe ich meinen Blog, auf dem ihr diese Zeilen lest. Den habe ich über den Jahreswechsel auf eine neue Infrastruktur umgezogen, sodass man sich Updates auch als Newsletter abonnieren kann. Ich hoffe damit Personen zu erreichen, die vielleicht (noch) nicht im Fediverse unterwegs sind.